Donnerstag, 29. Mai 2014

auf den Spuren der Romanows in Jekaterinburg.....



Heute gibt es eine Stadtführung in und um Jekaterinburg unter dem Thema:
„Die letzten Tage der Zaren”. Am Nachmittag ist Freizeit angesagt.


Am Abend geht es zum Flug nach Moskau. 
Jekaterinburg ist die viertgrößte Stadt Russlands und hieß während der kommunistischen Herrschaft fast 70 Jahre lang Swerdlowsk (bis 1991). Bis zu diesem Zeitpunkt war die Stadt für Ausländer gesperrt, und auch Sowjetbürger durften nur mit Genehmigung dorthin reisen.

Das Wetter könnte schöner nicht sein, strahlend blauer Himmel, kalte Luft, Schnee überall und lange Eiszapfen an den Dächern... aber dazu später...


Nach kurzer Stadtrundfahrt besuchen wir zuerst die "Kathedrale auf dem Blut". Sie wurde   an der Stelle errichtet, an der im Juli 1918 die gesamte Zarenfamilie ermordet wurden. Das Ipatjew- Haus, in dem die Tat geschah, wurde erst 1977 auf Befehl Boris Jelzins über Nacht abgerissen. Er war damals Parteisekretär Jekaterinburgs.
Man hatte Angst, es würde sich zu einer Kultstätte entwickeln.
Von ihm gibt es, da er als Sohn der Stadt gilt, eine große Statue aus weißem Marmor.  Bei genauerem Hinsehen entdeckt man einen bläulichen Schimmer im Marmor....
Vor 2 Jahren haben Vandalen (O-Ton Reiseleitung) in der Nacht die Statue mit blauer Farbe übergossen. Danach blieb sie 4 Wochen mit Tuch bedeckt, weil man nach Reinigungsmöglichkeiten suchte.
Spezialisten haben sie dann gesäubert, aber es ist noch zu sehen . Zum Schutz vor weiteren angriffen hält die Polizei nun Tag und Nacht Wache. Es ist und bleibt eben SEINE Stadt. Es sei sogar einmal im Gespräch gewesen, siie von Jekaterinburg in Jelzinburg umzubenennen......
Von den Bolschewiken wurden Zar Nikolaus II., seine Frau Zarin Alexandra, die fünf Kinder und einige Bedienstete umgebracht. Dazu wurden sie in den Keller des Hauses gebeten, und sie sollten sich zu einem Gruppenfoto aufstellen, damit man dem Volk eine Nachricht übermitteln könne, dass es ihnen gut gehe.... Dann begann das Massakrieren....

die Kathedrale auf dem Blut

rundum sind Fotos der Zarenfamilie aufgestellt

Schneemassen von 3 Tagen

In der Kathedrale findet gerade ein Gottesdienst und/oder eine Trauerfeier statt, sie ist voller Menschen. Man darf um sie herum gehen, um zum Gedenkplatz für die Zarenfamilie zu gelangen. 

an dieser Wand seien sie ermordet worden

 Gitter vor dem Gedenkplatz

die Mitglieder der Zarenfamilie sind heilg gesprochen worden

der Altar mit noch mehr Heiligenbildern

Dann kommt man noch an einem Sarg vorbei, in dem entweder ein echter Leichnam oder eine Kunstfigur aufgebahrt ist. Die Meinungen darüber gehen auseinander, ich bin mir nicht sicher..... Wenn es ein echter Mensch war, dann haben sie ihn mit pfundweise Schminke unkenntlich zurechtgemacht.

 Der Ablauf des Gottesdienstes unterscheidet sich ja stark von unserem. Alleine dadurch, dass alle Leute stehen, bekomme ich gar keinen rechten Eindruck davon, wie und was vor sich geht, vor allem in so einer großen , vollen Kirche.



Wir besteigen den Bus und fahren weiter durch die  Landschaft im Schnee. Kurz hinter der Stadt passieren wir Obi, Ikea, Metro und was es sonst noch alles Wichtiges gibt....

Zuerst kommen wir dann zu einer Gedenkstätte, einem Waldmassengrab, an der man etwa 18500 Hingerichtete aus der Stalinzeit gefunden hat. 
Hier wurden sie verbuddelt. In den Akten ist sehr ordentlich nachzulesen.... wann verhaftet .... weswegen..... wozu verurteilt..... wann erschossen.... wo verscharrt.....
Die Archive, in denen über all die Taten und Untaten aus dieser Zeit nachzulesen wäre, bleiben aber noch bis 2040 geschlossen!!!!! Also soll alles unter Verschluß bleiben, damit alle unbehelligt ihre Orden weiter tragen können....
Gerade gibt es wieder eine Diskussion um den  Film "Vergessen auf Befehl", bei dem es um Deportationen von Inguschen und Tschetschenen geht. Das Kulturministerium wirft den Filmemachern "Geschichtsfälschung" und "Anstiftung zu ethnischem Hass" vor.  Der Film wurde just verboten, die Details zu einem Massaker seien nicht 100% geklärt...  Soviel zur Aufarbeitung der Verbrechen der Stalinzeit....
Einen winzigen Obelisken hat man an der Gedenkstätte aufgestellt, unzählige Namen sind eingraviert, und es fehlen nicht die obligatorischen roten Nelken. Zeit zum längeren Nachdenken ist nicht vorgesehen, außerdem behindern die Schneehaufen eine Begehung des Areals.


Ein nächster Stop erfolgt beim kleinen, "falschen" Obelisken...
Den habe der Bürgermeister von Moskau aufstellen lassen, um eilige Gäste auch an einen Obelisken zu bringen, der die Grenze zwischen Europa und Asien markiere. 
Dicht dabei ist ein kleiner Wald mit diversen, mit bunten Bändern umwickelten Bäumen. Hierbei soll es sich um ein althergebrachtes Ritual handeln, das die Leute neu haben aufleben lassen.... Wahrscheinlich werden sie mit Wünschen verbunden angeknüpft und dem Wind überlassen...
Im Wald der Umgebung sind diverse kleine Holzbauten errichtet, aber ich kann kein richtiges Konzept  darin erkennen.

alte Bräuche im Schnee

Hoffen auf den Frühling.....

bis nach Berlin sind es 3020 km

rechtes Bein in Asien, linkes in Europa....

Nun fahren wir zu der Stelle im Wald, wo man die Überreste der Zarenfamilie und ihrer Diener gefunden hat. Von dort wurden sterblichen Überreste mittlerweile nach St. Petersburg gebracht, wo sie in Sarkophagen in der Blutkathedrale liegen.
Da der Ort strengstens geheim gehalten worden war, ist es erst vor wenigen Jahren Spürnasen gelungen, die Vergrabungsstelle zu finden. Diese Geschichte wird in verschiedenen Versionen erzählt, eben wie ein echter Krimi.

Zunächst steht nicht fest, ob wir hinlaufen dürfen, man hat Angst um unsere Sicherheit, wegen des relativ hohen Schnees. Aber zum Glück sind bereits 2 enge Spuren vorhanden, durch die sich alle in den Wald wagen. Anfangs ist das Wetter trübe, trotzdem blendet mich der Schnee, erst im Wald kann ich die enge Spur besser erkennen.







Es gibt 2 Fundstellen und 2 Gedenkkreuze, da man beim ersten Mal noch 2 oder 3 Körper vermisste, suchte man weiter. Die fehlenden wurden dann ein paar Meter weiter gefunden. 
Das Ganze wirkt landschaftlich sehr schön, besonders bei der Wetterlage, aber insgesamt finde ich es auch bedrückend...


Weiter geht`s, der nächste Obelisk wartet....


unter mir Europa und Asien zugleich

Rückfahrt über die Autobahn, vor bei an endlosen Warmwasserrohren, umwickelt mit Plastik, das teilweise schon abfällt. Energie scheint genug vorhanden zu sein, die Frage ist nur, wo sie ankommt...

  
Wir dürfen in der Stadt aussteigen und unseren privaten Stadtbummel beginnen.

Am riesigen Rathaus kommen wir vorbei, es soll von Kriegsgefangenen gebaut worden sein.



Gegenüber beobachtet ein großer Lenin das Geschehen. Da er auch auf einer großen Tafel über dem Rathauseingang hängt, kann er sich selbst im Auge behalten.


Bunte Strassenbahnen fahren kreuz und quer, die Strassen sind voller Leute, die das schöne Wetter offenabr auch genießen.
Teilweise ist es sehr glatt, geräumt ist kaum, was wohl daran liegt, dass mit diesem Wetter keiner mehr gerechnet hatte. Am besten packt man für so eine Reise Spikes ein....




Der Arbat, also die Fußgängereinkaufsmeile ist ebenfalls mit Schneehaufen übersät. Besonders sehenswert finde ich dies Strasse nicht, vielleicht ist das im Sommer anders.... 


Man tut gut daran, sich möglichst mittig zu bewegen, das von den Dächern nicht nur Schneebretter herunterfallen, sondern auch riesige Eiszapfen mal hier, mal da, auf den Fußweg krachen. Die Warnschilder  waren wohl auch schon eingemottet.... Das war so eine Art Russisches Roulette....





In einem Restaurant gab es einen guten Kaffee aber sehr unterschiedliche Kuchen.... Es war auf nostalgisch getrimmt, aber offenbar doch eine landesweite Kette, die aber auch schon mal den Kuchen vom Vortag rausholt, wenn der andere weg ist.




   
Junge Leute kommen auf dem Arbat  herbeigesprungen. Man fragt sich, ob es eine politische Demo ist oder ein Happening. Sie formieren sich zum Kreis, machen Kniebeugen, Liegestütz und sonstige Figuggchen, dann rennen sie auch schon weiter.


In einer Kirche findet gerade eine Hochzeit zweier Brautpaare statt. Die Kirche ist nicht so groß, aber rappelvoll, da man nur im Eingangsbereich zwischen den Gästen und den Brautpaaren stehen kann. Der ganze Kirchenraum ist ansonsten leer oder von den Priestern und ihren Helfern belegt. Es scheint eine lange Zeremonie zu werden....




Offenbar gelten nicht alle Sprüher als Vandalen, dieser hier scheint seine Werke mitten in der Stadt in einer Unterführung legal zu verewigen.


Es gibt einen See in der Stadt, dort liegen herrschaftliche Gebäude, und es ist sicher im Sommer ein schöner Ort zum Entspannen. Das Sevastyanow`s Haus ist besonders prächtig.





Mir reicht es nun aber, und ich begebe mich zum Hotel, in freudiger Erwartung, was die Hotellehrlinge heute so zum Abendbrot auf den Tisch zaubern werden.


Der kleine grüne Salat war fraglich  mit etwas Öl beträufelt, kein Essig, kein Salz oder Pfeffer irgendwo in Sichtweite. Auf Nachfrage hin große Augen, und als die meisten ihr Grünfutter schon so verspeist hatten, brachten sie an unseren Tisch ein kleines Saucenschälchen mit Essig und einem Eßlöffel dazu..... Den Rest der Mahlzeit habe ich vergessen, sicher war`s was Fettiges....



Um 20 Uhr fahren wir zum Flughafen . Bis wir im Hotel in Moskau sein werden, ist es dann etwa 2 Uhr 30 nach Moskauer Zeit , und uns steht ein langer Tag bevor, natürlich mit frühem Aufstehen. 
Na dann, gute Nacht!


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