Schon lange vor dem Frühstück genieße ich den Ausblick aus dem Zug in die Landschaft bei wunderbarem Licht. Ab und zu gibt es ein paar Schneereste, das meiste ist hier allerdings schon weggetaut, die Sonne scheint, es gibt tolle Wolkenbildungen.
Die
Landschaft ähnelt sich auf der ganzen Strecke.... Bäume...marode
Industrieanlagen....funktionierende Anlagen....Bäume.... freies Feld...
ein Dörfchen....Bäume...ein großer Fluß....eine Strasse... Dörfer mit
Holzhäusern und Wohnsilos im Hintergrund........
Wälder... gelegentlich eine größere Stadt und gleich wieder freie
Grasflächen und Bäume.... ganz wenige Menschen bekommt man zu sehen,
vielleicht mal Gleisarbeiter oder ein paar Leute, die auf einsamen Wegen
unterwegs sind.... Ganz oft begegnen uns Güterzüge, unvorstellbar
lang... es ist zwecklos, ich schaffe es nicht , die Waggons zu zählen...
beladen sind sie mal mit Holz, mal mit Flüssiggas oder Containern mit
unbekanntem Inhalt....
Spannend ist das, keineswegs langweilig- finde ich....
Das Frühstück gibt es Bord des Zuges, aber erst gegen halb 10, nach dem ersten Halt an diesem Morgen.
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nur scheinbares Chaos |
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rechts und links die langen Güterzüge |
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ein Minikiosk |
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ein schönes Stück |
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jede Schaffnerin steht an ihrer Tür |
Es
steigen fast alle Touristen aus, in der Hoffnung, einen vollen Bahnhof
vorzufinden.... Man liest ja so viel... Die Babuschkas, die
selbstgemachte Köstlichkeiten verkaufen, um ihren karge Rente
aufzubessern usw... heimlich lauert man auf ein paar Fotomotive.... Aber
nix da, mit Ach und Krach gibt es 2 Verkaufswägelchen mit einfachen
Souvenirs, Kekse, Bonbons,
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rollender Kiosk und Flüssiggaswaggons |
Kühlschrankmagneten ... also der stinknormale
Kram... Schade, aber entweder ist es den Mütterchen noch zu früh- der
Halt findet gegen 9 statt- oder auch zu kalt...
Also nix wie rein in die warme Stube und ab in den Restaurantwagen zum Frühstück.
Selbiges
fällt einigermaßen aus, allerdings für Begeisterungsäußerungen reicht
es nicht... Alles ist genau abgezählt... die Stückchen Brot... das Fitzchen Butter... das halbe Scheibchen Käse... der abgepackte
Keks (aber ein ganzer Keks!).... Milchreis mit viel flüssiger Butter....
Also:
spannender wird`s nicht.... Damit ist aber schon klar: gut, dass ich mir Proviant mitgenommen haben, ich verspüre kein Verlangen mehr, ein
Mittagessen im Speisewagen einzunehmen..... Tee und Kaffee kann man bei
der Schaffnerin zu normalen Preisen bestellen....
Heute
hat eine andere Schaffnerin in unserem Abteil Dienst. Sie ist ein paar
Jahre älter als das junge Mädchen von gestern und ein wenig
gelassener...
So
erlaubt sie mir ohne Überlegungen, dass ich die Tür nach hinten öffnen
darf. Die Junge hatte es mir streng verboten ! Das bedeutet, dass ich ,
so lange ich will aus unserem letzten Wagen durch das allerletze
Fenster auf die Gleise und die Landschaft schauen kann, so lange ich
will... und links und rechts habe ich auch im Visier....
Und
das tu`ich dann auch ausgiebig. Schließlich habe ich Zeit bis 18 Uhr,
und dann ist die Fahrt mit der Bahn für uns beendet... leider.....
Beschreiben
mit wenigen Worten läßt sich die Fahrt kaum. Vom frühen Morgen, bis zum
Einbruch der Dunkelheit waren alle Lichtverhältnisse dabei.
Ab mittags wird das Wetter wechselhafter, teils düster mit leichtem Schneefall oder Nebel.
Je
näher wir nach Jekaterinburg kamen, desto mehr Schnee war zu sehen, was
natürlich die Fahrt noch viel interessanter machte, als wenn alles nur
bei Einheitswetter stattgefunden hätte.
Durch
die noch fehlenden Blätter an den Bäumen konnte man auch mehr
Einzelheiten am Wegesrand erkennen, als die später der Fall gewesen
wäre.
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man beachte die oberirdisch geführten Rohre.... |
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Stop in der Kälte |
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Auf dem Bahnsteig ist absolut nichts los, keine einzige Babuschka hat sich auf den Weg durch den kalten Morgen gemacht. nach etwa 20 Minuten Aufenthalt geht es weiter in Richtung Osten.
Links
und rechts der Gleise ist das Land meist feucht und sumpfig. Es wachsen
kleine schilfähnliche Gräser. Die Reiseleitung meint, es sei nur
sumpfig vom Winter...
Ich muss immer an die vielen Beschreibungen der Strafgefangenen denken, die ich gelesen habe, egal wo, sie klagen oft über feuchten Untergrund, wenn sie in den Wäldern arbeiten
Die Dörfer wirken meist einfach, desöfteren fallen aber auch neuere prächtigere Gebäude zwischen den alten Holzhäusern auf. Wie auf der Strasse, so entdeckt man auch hier viele zusammenberechende Gebäude. Dies liegt auch daran, dass die Alten wegsterben , und die Jungen nicht mehr auf den Dörfern leben wollen.
Dort wo man lebt, sind die kleinen und großen Gärten rings um das Häuschen schon sorgfältig vorbereitet für den Frühling, und man kann sich tatsächlich vorstellen, dass die Leute fast alles rund ums Haus zum Leben selber erwirtschaften.
Etwa 40km vor Jekaterinburg passiert man an der Bahnstrecke den berühmten Obelisken, der die Grenze zwischen Eurpoa und Asien darstellen soll. Nach dieser Stelle hat man den Ural überquert und fährt also durch Asien. Morgen werden wir noch 2 Obelsiken sehen, die genau das auch für sich in Anspruch nehmen. Man kann es sich also aussuchen, welchen man für den echten hält.....
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der Obelisk |
Um
18 Uhr Ortszeit kommen wir in Jekaterinburg an, wegen der
Zeitverschiebung meint unsere innere Uhr aber, es sein schon 20 Uhr.....
Draußen liegt reichlich Schnee, auch auf den Bahnsteigen.
Ein paar Männer stehen mit einem Kofferwagen bereit und laden etwa 10 unserer Koffer auf, bis unsere Reiseleiterin -auf Nachfrage eines Mannes- erklärt, dass dieser Transport natürlich Geld kostet.... ganze 1 Euro 50... Vorher hatte sie bekannt gegeben, dass es weder Aufzug noch Rolltreppe gebe und wir leider die Koffer über mehrere Treppen schleppen müßten.
Man sollte es nicht glauben, aber von unserer Gruppe, die bestimmt zur Hälfte aus älteren Herrschaften bestand, teils mit Gehschwierigkeiten, haben doch die meisten ihre Koffer wieder abgeladen... Gerade mal 4 blieben oben.... Da 5 Männer zum Schleppen angetrabt waren, habe ich mich in diesem Moment richtig für meine Landsleute geschämt ....
Manche der älteren Herrschaften hatten sich untereinander ganz gut bekannt gemacht. Ein Paar von denen war nun ganz verstört, weil sie ihr Geld nicht parat hatten und somit entweder den Koffer wieder hätten runternehmen müssen, oder jemand hätte ihnen das Geld geliehen. Es herrschte Schweigen im Walde bei all ihren Bekannten.... Als ich die Verwirrung mitbekam, fragte ich, was denn los sei.... Und gleich nochmal kam mir fast die Galle hoch, 1,50 scheint eine Wahnsinnssumme sein für Leute, die den ganzen Tag nichts anderes tun, als sich gegenseitig von ihren hundert tollsten Reisen zu erzählen.... Ich habe ihnen das Geld gegeben , ohne Schuldschein...., aber mit Wut im Bauch......
Die Männer brachten die Koffer bis in den Bus, was schon eine Erleichterung war. Auf dem Bahnsteig und vor dem Bahnhof lag viel Schnee und es war sehr glatt.
Wir wurden von einem viel zu kleinen Bus abgeholt, mussten die Koffer überall reinquetschen, und die Reiseleitung nahm auf dem Boden Platz. Dafür gab es aber einen triftigen Grund!
Es hatte in Jakaterinburg 3 Tage und Nächte ununterbrochen geschneit. Zuvor war es sehr warm gewesen, und die Leute hatten schon die Sommerreifen aufgezogen, auch die Busfahrer. Nun ist es aber hier verboten, dass Busse bei Schnee ohne Spikes fahren und so gab es diesen Kompromiss. Für den nächsten Tag hatte man noch einen großen Bus mit Spikes aufteiben können, wurde uns versprochen.
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der Bahnhof von Jekaterinburg |
Nach kurzer Fahrt durch die Stadt landen wir im Park Inn, dass sei das beste Hotel am Ort....
Bei Ankunft war zwar die Lobby ausreichend und mit nettem Personal besetzt, aber von insgesamt 2 Aufzügen (für ein großes, relativ neues Hotel) war nur einer in Betrieb und sehr klein....
Mit anderen Worten: die Einen saßen schon am Tisch im Restaurant, während die anderen noch auf den Fahrstuhl warteten.... oder wie ich- die ganze Tour noch 2x machen musste, weil ich kein großes Bett im Zimmer, sondern 2 Einzelbetten bestellt hatte und somit auch noch reklamieren und danach die Etage wechseln musste.... Ich hab´s überlebt....
Ich mein`ja nur.....
Die Küche hier hatte Vorschußlorbeeren bekommen, der Koch sei Deutscher und verstehe sein Handwerk.
Leider war er gar nicht mehr in diesem Hotel.... das sollte man gleich merken.... Angeblich habe die Lehrlingsmannschaft stattdessen ihr Glück versucht....
Das Abendessen im 4 *Hotel "Park Inn"
Vorspeise: Kartoffelsalat
Hauptspeise: Kartoffelauflauf und 2 panierte, frittierte Hühnerfilets gefüllt mit einer Buttersoße.
Wenn man auf die Filets drückte, ergoß sich ein satter Fettstrahl über den Teller. Am besten klappte es, wenn man das Filet vorher mit der Gabel angestochen hat....
Wieviele Sterne könnte man dafür geben?????
Das
war ein langer schöner Tag.... mein Gleichgewichtssinn ist noch einige Zeit
etwas gestört, ich nehme an, wegen der 24-stündigen Schaukelei in der
Bahn.
Es wird Zeit, dass das Licht ausgemacht wird....
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